Das Geheimnis des außerordentlichen Menschen ist in den meisten Fällen nichts als Konsequenz. (Buddha) – Teil 1

Ich benötigte eine Fülle an Gelegenheiten, um konsequentes Handeln zu lernen. Zu groß war immer meine Furcht, ich könnte jemanden verstimmen, wenn ich eine klare Kante zöge: den Turmherrscher, von dem ich am meisten abhängig war oder auch Herrscher benachbarter Elfenbeintürme, die keine Einladung mehr zu Vorträgen oder zur (selbstverständlich unentgeltlichen)  Mitarbeit an irgendwelchen Publikationen aussprechen könnten. Die meiste Zeit war ich von der Angst begleitet, jemand könnte mir Steine in den ohnehin schon steinigen Weg legen, wenn ich nicht alles tat, was man vor mir erwartete. Dass ich damit manipulierbar war wie ein Hund vor der Wurst, das habe ich erst spät begriffen. 

Ein besonderes Lehrstück bot mir ein Treffen mit einigen Turmsklaven und unserer Turmherrin. Die Herrin hatte an diesem Tag ganz besonders schlechte Laune. Mit missmutiger Miene riss sie die Türe auf und knallte ihre Unterlagen auf den Tisch. Ihr eisiger Blick traf mich: „Du kannst mit Deiner Präsentation anfangen!“ bellte sie mir entgegen.
Dazu muss man folgendes wissen: Es gibt ein Turmgesetz, das die Sklaven zu einem regelmäßigen Rapport über diejenigen Arbeiten anhält, derentwegen sie in den Turm eingetreten sind, für die sie jedoch angesichts der zahlreichen anderen (meist sinnentleerten) Aufgaben kaum Zeit finden. Dieser Rapport dient im besten Fall dazu, Hilfestellung bei offenen Fragen zu bekommen, und manch einer hat auch das Glück, an einen solchen Herrscher zu geraten.

Unsere Turmherrscherin hingegen verstand diese Rapport-Treffen in erster Linie als Gelegenheit zur Machtdemonstration. Ihre stete und durch nichts zu besänftigende Unzufriedenheit mit dem Tun ihrer Sklaven schien nur einem Ziel zu dienen: Uns so lange wie möglich nach der Wurst, in unserem Fall: ihrer Zustimmung zu unseren Arbeiten, springen zu lassen. Ich jedenfalls beging bei diesem denkwürdigen Treffen den kapitalen Fehler, meine Forschungsergebnisse mit einer gewissen Überzeugung vorzustellen. Nüchtern betrachtet hatte ich dazu allen Grund, denn bereits mehrmals hatte ich die herrscherlichen Anregungen in mein eigentlich schon ausgereiftes Konzept eingebaut und dabei letztlich eine neue Arbeit geschrieben. Was soll’s, dachte ich mir mit einem gewissen Gleichmut. Wenn statt Blau nun Rot gewünscht wird: Farbe ist schließlich Farbe. 

Doch was ich in der nun folgenden Stunde erlebte, sollte ich so schnell nicht mehr vergessen….

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