Manche Menschen wollen immer nur glänzen, obwohl sie keinen Schimmer haben. (Heinz Erhard)

Kennen Sie das? Manche gigantisch erscheinenden Dinge schrumpfen bei genauerer Betrachtung zu einem Bruchteil ihrer ursprünglichen Größe zusammen. Wie ein Krokodil, das man durch die andere Seite des Fernglases ins Visier nimmt. Was dann vom Krokodil oder anderen Gigantismen übrig bleibt, ist meist nur ein jämmerlicher Rest der vorherigen Dimension.
Im Elfenbeinturm bekommt man den Eindruck, das Aufblasen von eher überschaubaren Sachen zähle zu einer Fundament gebenden Selbstvermarktungsstrategie, die von vielen Turmherrschern par excellence beherrscht wird. Die Frage, ob die nach außen transportierten Inhalte mit der Realität überhaupt übereinstimmen, stellt sich anscheinend nicht immer. Anders gesagt: Während die Schleife um das Paket einen Konzertflügel vermuten lässt, versteckt sich im Inneren nur eine Mundharmonika.

Ich kann mich gut erinnern, als meine Mitsklaven und ich im Rahmen eines Jahresrapports über unsere Leistungen Bericht erstatten sollten: An welchen Publikationen wir mitgeschrieben hatten, auf welchen Tagungen wir getanzt – sorry: vorgetragen – hatten, welche Kontakte zu anderen Türmen wir geknüpft und wen wir wiederum in unseren Turm eingeladen hatten.
Das ist ja zunächst völlig in Ordnung: Man will schließlich wissen, wo die eigene Mannschaft steht, wieviele Tore sie in der letzten Saison erzielt hat und wer das treffsicherste Bein hat. Wie sich herausstellte, ging es jedoch weniger darum, einen tatsachenorientierten Bericht über unsere Erfolge abzugeben. Vielmehr verfolgte das Ganze den Zweck, jede noch so kleine Aktivität ins Gigantische aufzublasen. „Das muss nach viel mehr klingen“, meinte unsere Turmherrscherin mit ausladender Geste und einer gewissen Schamlosigkeit.
Aus einem kleinen Schnitt mit dem Küchenmesser, den man üblicherweise mit Pflaster verklebt, wurde so eine Operation am offenen Herzen.
Freilich könnte man jetzt sagen: Ist halt so. Wir wissen doch, dass der Schein oft trügt und häufig mehr ist, als das Sein. Wie ist es aber, wenn die Diskrepanz zwischen Inhalt und Verpackung größer ist als der Marianengraben tief? Wenn nicht nur geklappert wird, was ja bekanntlich zum Handwerk gehört, sondern Potemkinsche Dörfer den Blick auf die Realität verschleiern sollen?

Manchmal kann das Aufblasen von Gummi-Enten zu Hüpfburgen auch überaus amüsante Blüten treiben – gut zu beobachten auf den einschlägigen Kommunikationskanälen des 21. Jahrhunderts. Nicht wenige Elfenbeintürme verwenden diese, um dort über die eigenen Aktivitäten zu berichten, bevorzugt unter Anwendung der englischen Sprache (bzw. dessen, was man für Englisch hält).
Also. Es ist ja wirklich kein Drama, wenn man bestimmte Dinge nicht so besonders gut kann. Fremdsprachen zum Beispiel. Und wir kennen doch alle die Fehler, die im Detail und hier im direkten Übersetzen aus dem Deutschen in unsere Lieblingsfremdsprache liegen. Die halbe Welt versammelt sich in Fußballsommern vermeintlich beim „public viewing“ – und wohnt genau genommen einer Leichenschau bei.
So ist es an sich ja total nett, dass man z.B. den Kollegen eines anderen Turmes sein Mitgefühl ausspricht, wenn diese gerade ihre Bibliothek bei einem Brand verloren haben. Klar denkt man an sie, könnte das auch einfach so schreiben, doch in english sounds everything schicker und deshalb postet man lieber „we are thinking about you“. Aber vielleicht stimmt’s eh, und man denkt über den Nachbarturm nach.
Genauso verhält es sich mit einem Workshop, den man im Deutschen hält und im Englischen besser hat, während der „first taste“ eines Events wohl eher ein first look sein sollte.
Aber was soll’s: The devil lies in the detail. Und in Elfenbeinturmien ist halt auch nicht alles Gold, was glänzt.

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